Oskar Maria Graf Ausstellung im Literaturhaus in München

Oskar Maria Graf und Mirjam Graf, Sullivan Conti, 1948

Oskar Maria Graf mit seiner Frau Mirjam Sachs, Sulliivan Conti, 1948, © Bayerische Staatsbibliothek München

Engeborener Fremder

Oskar Maria Graf: Ein Ur-Bayer, ein „Vieh“, der auch in New York seinem bayerischen Outfit und seiner Sprache „treu“ blieb. Ein internationaler Bayer, der mehr als die Hälfte seines Lebens, 34 Jahre, im Exil gelebt hat. Und ein Schriftsteller, der auch heute in Bayern nicht immer die Aufmerksamkeit erhält, die er verdient.

"Verbrennt mich!"

Vielleicht ändert die Ausstellung im Literaturhaus in München das! Gleich beim Betreten der Ausstellung sieht sich der Besucher sechs Original-Porträts Oskar Maria Grafs, gemalt von seinem Freund Karl Wähmann, gegenüber. Die Bilder entstanden im Jahr 1932, in einer für den Antifaschisten, Revolutionär und Befehlsverweigerer Zeit großer Unruhen. Der Schriftsteller lebt mit seiner Lebensgefährtin Mirjam Sachs noch in München, wird aber bereits 1934 von Wien nach Brünn in die Tschechoslowakei fliehen. Weil seine Bücher nicht auf den Schwarzen Listen der Nazis stehen, wird er 1933 in Wien einen Aufruf mit dem Titel „Verbrennt mich!“ veröffentlichten. „Diese Unehre habe ich nicht verdient. Nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände der braunen Mordbande gelangen.“ Nach dieser Protestaktion wurden seine Bücher in der Münchner Universität verbrannt.

Oskar Maria Graf mit Banane © Christiane Gut

Berg, München, New York

Oskar Maria Graf wurde am 22. Juli 1894 als neuntes von elf Kindern des Berger Bäckermeisters Max Graf und dessen Frau Therese, einer Tochter des Heimrath-Bauern aus Aufhausen, geboren. Nach München flüchtete er bereits 1911 vor seinem gewalttätigen Bruder. Dieser hatte nach dem Tod des Vaters das Regiment im Bäckerhaus übernommen. Zunächst schlug er sich zunächst mit Gelegenheitsarbeiten durch, knüpfte Kontakte zur Bohème, wurde wegen Teilnahme an der Revolution verhaftet und konnte schließlich als Schriftsteller Fuß fassen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ging er ins Exil. Erst 1957 erhielt der Antifaschist und Pazifist die amerikanische Staatsbürgerschaft und konnte wieder nach Deutschland reisen. Eine dauerhafte Rückkehr nach Bayern schien ihm unmöglich, zugleich war sein New Yorker Schreibplatz ein Ort voller Sehnsucht, den er mit Bildern aus der Heimat ausstattete. Sein Verhältnis zu Berg war tief zerrissen, der Kontakt brach aber nie ganz ab. Sein Blick auf München und Bayern am Vorabend der NS-Zeit wurde aus der Ferne umso schärfer – im Exil entstand auch sein großer autobiografischer Roman „Das Leben meiner Mutter“, dessen Schauplatz Berg ist.

Im Literaturhaus wird er lebendig

Die Ausstellung, eine Kooperation mit der Bayerischen Staatsbibliothek und der Monacensia München, zeigt Briefe, Dokumente und prominent eine Lederhose, gewissermaßen das Markenzeichen des Dichters. Im Zentrum steht ein Baum: als Sinnbild für die politische Haltung, für den unverrückbaren Charakter Oskar Maria Grafs. Wer mag, kann hier auf den Bänken Platz nehmen, den Blick schweifen lassen und sich vom Schriftsteller Friedrich Ani via Audioguide Grafs Texte vorlesen lassen. Stichworte der Schau sind Politik, Netzwerk, Erinnerung, Sprache und Heimat.

Ausstellungsraum mit Baum, © Christiane Gut

Mit Interviews und Originalaufnahmen, atmosphärischen Projektionen, aber auch Originalexponaten, sogar echten »Devotionalien« , allen voran Grafs Lederhose, die er auf vielen Bildern und in den Videos trägt, lässt die Ausstellung den Schriftsteller lebendig werden. Heute gilt Graf als der einzige bayerische Schriftsteller von Weltrang. Er selbst hatte sich als „Provinzschriftsteller“ bezeichnet. Doch die Werke des rebellischen Dichters brüskierten die Bewohner seiner bayerischen Heimat immer wieder. Was er selbst weitgehend nachvollziehen konnte: „…Denn ich habe zu viel den Leuten an Dingen gesagt, die ihnen manchmal nicht lieb sind …“