Bäcker braucht Frau, Oberpfälzer Realsatire für den BR

Marion Schieder (Ehefrau) und Jürgen Kirner (Tango)

© Johanna Schlüter, BR

Bühne frei für die Oberpfalz

Oberpfälzer Schauspieler, ein Oberpfälzer Autor und ein Stück, das mitten in der Oberpfalz angesiedelt ist … Die Realsatire von Jürgen Kirner ist der Auftakt zu einem neuen Projekt des BR: Am Sonntagabend sollen neue, zeitaktuelle Themen aus der bayerischen Provinz neuen Schwung ins Volkstheater bringen. Kein leichtes Unterfangen, gegen „Tatort“, Herzkino und das bewährte Komödienstadel-Format anzutreten.

Realsatire über Homosexualität

Das Stück „Bäcker braucht Frau“ von Jürgen Kirner, vielen als Kabarettist, Frontmann der Couplet-AG, als Gründer der Brettlbühne und nicht zuletzt von den BR-„Brettl-Spitzen“ bekannt, ist eine Realsatire über Homosexualität in einem kleinen Kaff in der Oberpfalz. Im Kleinen Theater in Haar wurde der Dreiakter vom BR aufgezeichnet und dann am Sonntag, den 4. März um 20.15 Uhr gesendet. Ein Novum und eine Premiere, denn weitere Stücke mit modernem bayerischen Lebensgefühl aus den Regionen sind angedacht.

Sabine Boueke-Loosen (BR-Redakteurin) und Jürgen Kirner (Couplet AG, Brettl-Spitzen), © Christiane Gut

Brettl-Spitzen

Der BR und der Oberpfälzer sind ein bewährtes Team. Als Gastgeber der „Brettl-Spitzen“ hat Jürgen Kirner der Münchner Wirtshaustradition mit ihren Volkssängern – hier sei nur an Größen wie Karl Valentin, Lisl Karlstadt, Weiß Ferdl erinnert – zu neuem Leben verholfen. Dass ihm das Couplet schon immer am Herzen lag, zeigt seine Gründung der Couplet AG (Die Couplet-Arterhaltungs-Gesellschaft) im Jahr 1991. Die siebte Folge der Brettl-Spitzen wurde wie immer am 22. November im Hofbräuhaus vor begeistertem Publikum aufgezeichnet. Ausgestrahlt wird sie am 1. Januar 2018 um 20,15 Uhr im Bayerischen Fernsehen. Nur so viel sei verraten: Auch dieses Mal brachten Volkssänger und Kabarettisten aus der ganzen Republik, samt Österreich natürlich, mit ihren deftigen Wirtshausliedern und Couplets den Saal in Stimmung. Dazu gab’s fetzige Live-Musik. Am Freitag, den 4. Januar 2018 folgt dann gleich ein „Brettl-SpitzenEXTRA“, wieder um 20.15 Uhr. Es besteht kein Zweifel: Volkssänger nehmen wieder Fahrt auf.

Pralle, derbe Szenen

Schnell wird klar, traditionelles Volkstheater ist etwas anderes. Diese Geschichte mitten aus dem Leben thematisiert neben dem zentralen Thema des Schwulseins des jungen Bäckereibesitzers auch den Untergang des Bäckereihandwerks. Auf dieser Bühne wird kein Blatt vor den Mund genommen, hier weiß jeder alles über den anderen, hier versucht der Frauenbund, den aus Indien stammenden Pfarrer, dazu zu bewegen, den schwulen Michi gesundzubeten. Derbe Sprüche wie „A Junge werd’ aa oid!“, der Kommentar des Vaters, seinen Sohn an eine wesentlich ältere, aber finanzkräftige Frau zu verkuppeln, bringen das pragmatische Lebensgefühl der Oberpfälzer auf den Punkt. In prallen, oftmals derben Szenen lebt die charakteristische Oberpfälzer Mixtur aus Geiz, Scheinheiligkeit, grenzenloser Neugierde und bösartigem Ratschen auf. Die Mischung aus witzigen Dialogen und Pointen im Oberpfälzer und Fränkischen Dialekt ist ein abendfüllendes Spektakel. Für das es vom Publikum viel Applaus gibt.

Marion Schieder, © Christiane Gut

Christina Baumer, © Christiane Gut

Thomas Pöllinger, Christina Baumer, Jürgen Kirner, Marion Schieder, © Christiane Gut

Jürgen Kirner, der Autor, spielt einen Mittfünfziger mit Vokuhila-Frisur, Cowboystiefel und Lederjacke, der sich gerne als Musikant im Wirtshaus zelebriert. Seine Frau wird wird brillant von der in Weiden geborenen Marion Schieder (bekannt von Antenne Bayern und TV München) dargestellt. Christina Baumer aus Wiesau hatte in diesem Jahr bereits einen viel beachteten Auftritt im „Tatort“; sie spielt die Schwester von Michi. Thomas Pöllinger vom Tangrintler Volkstheater gibt souverän den Protagonisten, der im unfreiwilligen Casting einer Kuppel-Show mit seinem Outing ein familiäres, auf die Kleinstadt ausuferndes Tohuwabohu auslöst.