Franz Kafka, © franzkafka.de
Kafka Ausstellung zum 125. Geburtstag im Literaturhaus München
Lachen & verzweifeln: Zum 125. Geburtstag Franz Kafkas
Kafka ist Inbegriff des Dunklen, Mehrdeutigen und faszinierend Unheimlichen. Mit nur wenigen Worten, stilistisch brillant, inszeniert er Alpträume – und prägte damit wie kaum ein anderer deutschsprachiger Autor die Literatur der Moderne. Unbestritten zählt seine Prosa zu den bedeutendsten des 20. Jahrhunderts. Als Sohn eines jüdischen Kaufmanns wird Franz Kafka am 3. Juli 1883 in Prag geboren. Nach einem Jurastudium – lieber hätte er Germanistik und Kunstgeschichte studiert – und der Promotion arbeitet er bis zu seiner Pensionierung 1922 als Beamter bei der Prager Arbeiter- Unfall-Versicherungs-Anstalt. 1907 beginnt er mit dem Schreiben. Bereits 1917 erkrankt er an Tuberkulose, an deren Folgen er am 3. Juni 1924 stirbt.
Visionäre Texte
„Kafkas Texte erinnern uns daran, dass wir in unsicheren Umständen leben.“ Dies schreibt der Kafka-Experte Klaus Wagenbach. Bis heute lösn die rätselhaften, zugleich realistischen und visionären Texte des Autors Betroffenheit aus. Die nüchternen, messerscharfen Beschreibungen von scheinbar Vertrautem, das langsam, aber unaufhaltsam in ungeheuerliche, unbegreifliche Ereignisse übergeht, beschwören Sinnleere und Entfremdung.
So erzeugen Kafkas Erzählungen und Romane gnadenlos eine gefährliche Mixtur aus Hoffnungslosig-, Ausweglosig- und Hilflosigkeit. Symptomatisch für die vielschichtige Prosa des Autors ist eine Fülle an Interpretationsmöglichkeiten. Jeder hat so seinen eigenen Kafka, denn das unfassbar Schockierende seiner Geschichten spricht jeden an, insbesondere die düsteren, ängstlichen und melancholischen Seiten.
Max Brod: "Er war nicht so depressiv wie er heute gerne gesehen wird."
Zu den Glanzstücken der Ausstellung zählt ein in den Archiven des Bayerischen Rundfunks wieder gefundenes Interview mit Max Brod. Glücklicherweise hatte der Freund, Mentor und Herausgeber von Kafkas Werk nicht dessen Wunsch, seinen literarischen Nachlass zu vernichten, erfüllt! Mit der Zigarette in der Hand erzählt Brod 1968 kurz vor seinem Tod, wie er den Freund erlebte. Franz Kafka war ein attraktiver Mann, groß, mit dichtem, schwarzem Haar. Er war auffallend gepflegt und immer korrekt gekleidet.
Auf die etwas seltsam anmutende Frage, ob er eine Frohnatur gewesen sei, antwortet Brod: „Er war nicht so depressiv, wie er heute gerne gesehen wird.“ Kafka war witzig, spritzig, sehr lebhaft, sogar aggressiv – sofern er sich im überschaubaren Kreis der Freunde bewegte. Ansonsten war er ein „großer Schweigerich“!
Ausstellung mit 140 Schwarzweiß-Fotos
Herzstück der Ausstellung sind 140, überwiegend noch nicht gezeigte Schwarzweißfotos. Sie stammen aus der monumentalen Bildbiografie „Kafkas Welt. Eine Lebenschronik in Bildern“ des Kafka-Forschers und Literaturprofessors Hartmut Binder, erschienen bei Rowohlt. Man betritt die Ausstellung über den Küchenbalkon der als Vorbild dienenden Prager Wohnung, wandert durch Küche, Flur, Wohnzimmer, das Schwestern-Zimmer, Kafkas Zimmer und das Eltern-Schlafzimmer – die Fotos sind dabei wie auf einem Kaminsims angeordnet.
Auf dem Weg durch die fünf inhaltlich gegliederten Stationen erhält man mittels eines Audioguidesausführliche, auf den Briefen und Tagebüchern basierende Erklärungen zu den Bildern. Als Kontrast dazu läuft im Hintergrund eine Filmcollage aus dem heutigen Prag ab.