Essen und „sattes Typenkabarett“! Wenn im Magen Semmelknödel und Schaschlik aufeinander treffen, kommen sie recht gut miteinander aus. Doch wenn Trennkost hinzu kommt, kann zumindest der Semmelknödel nicht immer Contenance wahren. „Das Auge isst man mit“, der Titel des neuen Solo-Programms von Helmut Schleicht spannt einen großen Bogen rund ums Essen und seine vielschichtigen Auswirkungen. Neben den Speisen kommen auch höchst interessante Typen zu Wort. Beispielsweise der Aristokrat, der hungert, um sich von den Schmerbäuchen der Proletarier abzugrenzen. Der weiß, dass es Engels war, der die Bierzelt-Bulimie hervorgebracht hat. Und der bedauert, dass die S- Bahn ein Massenverkehrsmittel geworden ist. Oder der selbstbewusste, stille Zuschauer, der Wein trinkt, weil Wein und Lachen nicht zusammen geht. Zudem hat Rotwein den Vorteil, ein ausgesprochenes Statussymbol zu sein.
Helmut Schleich: Das Auge isst man mit
Brillant: Komik mit umwerfender Körperlichkeit
Helmut Schleich: Das Auge isst man mit. WortArt, 1 CD. Kabarett, Spieldauer: ca. 77 Minuten. Mit Booklet.
In dem Moment, wo Schleich sich in den Metzger verwandelt, der Werbung für seine Homepage macht, hat man keine Chance: Man muss lachen. Highlight und unvergesslich: das Stück „Körperhasser“. Schleich arbeitet mit allem, was ihm zu Verfügung steht: Die Wut und der Hass auf ihn, auf den Körper, der Gicht hat und ihm das Leben vergällt – wie der Kabarettist das mit Stimm- und Körpergewalt darstellt, ist beeindruckend.
Das Gesellschaftspanorama, das Schleich präsentiert, ist witzig und pikant. Seine Komik und sein schauspielerisches Talent sind beachtenswert.
veröffentlicht auf amazon.de, August, 2002