Im Juni 2003 jährte sich der Volksaufstand in der DDR zum fünfzigsten Mal. Die spontan als Streik von Berliner Bauarbeitern entstandenen Proteste und Demonstrationen breiteten sich rasch über das ganze Land aus. Mit Hilfe von sowjetischen Panzern wurde der in der offiziellen Sprachregelung der SED Regierung als faschistische Provokation bezeichnete Aufstand schnell niedergeknüppelt. Für die Deutschen im Westen reduzierte sich dieses wichtige Ereignis der deutschen Nachkriegsgeschichte als „Tag der deutschen Einheit“ mehr oder minder auf einen gesetzlichen Feiertag.
Dieses Feature von Karl Wilhelm Fricke präsentiert eine Fülle von Originaldokumenten – u. a. hört man Walter Ulbricht, Otto Grotewohl, Hilde Benjamin, Herbert Wehner – und beleuchtet das Thema 17. Juni 1953 unter der Trias „Vorgeschichte, Verlauf und Folgen“. Der chronologische Aufbau des Features wird durch Zeitzeugenberichte, durch Rias-Reportagen und durch die zynisch-sarkastischen Kommentare und Reflexionen des Schriftstellers, Literaturwissenschaftlers und Kämpfers im Spanischen Bürgerkrieg Alfred Kantorowicz ergänzt.
Die Vorgeschichte des Aufstands muss als politische Krise, die sich in schlechter Versorgungslage, Zwangskollektivierung der Bauern und einem stetig anwachsenden Flüchtlingsstrom nach Westen äußerte, verstanden werden. Die Erhöhung der Arbeitsnormen, was in der Realität eine enorme Lohnminderung bedeutet hätte, löste den Ausbruch der latenten Unzufriedenheit aus. Für viele ergibt sich sicherlich ein völlig neues Bild über die Streikenden, wenn sie hören, dass zur zentralen Losung die politischen Forderungen „Freie Wahlen“ und „Nieder mit der Regierung“ zählte.