"Eine Art theatrischer Vorgang" - Interview mit Ulrich Pleitgen über Hörbücher

Foto © Agentur Regine Schmitz

In den vier Edgar Allan Poe Hörspielen von Lübbe – „Der Goldkäfer“, „Lebendig begraben“, „Die Morde in der Rue Morgue“ und „Sturz in den Malström“- hat wieder Ulrich Pleitgen die Hauptrolle. Der populäre Schauspieler spricht über seine Leidenschaft für seinen Beruf und die Literatur, über seine theatralische Haltung bei der Hörbucharbeit und seinen Ärger über den Zustand unserer Gesellschaft.

Herr Pleitgen zunächst möchte ich Ihnen danken, dass Sie sich für dieses Gespräch Zeit genommen haben. Sie stehen im Moment ja sehr unter Zeitdruck: Bis Weihnachten drehen Sie in Dresden unter der Regie von Ulrich König einen Film mit dem Titel „Hilfe meine Tochter heiratet“. Sie sind im Fernsehen unglaublich präsent „Familie Dr. Kleist“, „K3 – Kripo Hamburg“ um nur zwei der aktuellen Produktionen zu nennen. Hinzu kommt, dass Sie eine der bekanntesten Stimmen deutschsprachiger Hörbücher sind. Sie haben große Erfahrung im Bereich „gesprochene Literatur“? Gibt es in Ihrer persönlichen Einschätzung eklatante Unterschiede zwischen der Arbeit als Schauspieler und als Hörbuchsprecher?

Es mag zwar Begabungsunterschiede geben, für mich ist es aber kein Unterschied, für mich ist alles spielen. Für mich steht das Erleben beim Film wie bei Literatur-CDs im Vordergrund. Die Grundvoraussetzung, die man mitbringen muss, ist die Vorstellungskraft. Man muss sich jeden Menschen und jede Situation vorstellen können. Wenn ich also in diesem kleinen Kabäuschen im Tonstudio sitze, dann begebe ich mich ähnlich wie beim Buch in die Emotionalität, in die Welt hinein. Gestern habe ich hier eine sehr emotionale Szene gespielt, da muss man rein – ob es sich nun um Trauer oder Freude handelt …

Also wäre das Ihr Credo bei Ihrer Arbeit …


Absolut, das ist der Versuch, sich ins Menschliche reinzusteigern, das hat nichts Hysterisches, nichts Manisches an sich.


Dennoch, es muss ja einen Unterschied geben, zwischen der Schauspielerei und der Interpretation von Literatur fürs Hörbuch, ich spreche jetzt von Ihrem Part.


Doch natürlich ist ein Unterschied: Im Roman gibt es Kommentare, sachliche Passagen, Beschreibungen. Aber alles, was Dialog ist, was Figuren sind, wird von mir schauspielerisch gelöst. Bei Rollen versuche ich den Rand eines bestimmten Geschmacks, den Takt nicht zu überschreiten bei der Färbung von Männer- oder Frauenstimmen. Aber ich meine Wut, Verzweiflung, Angst muss rüberkommen, und das stellt sich bei mir beim Lesen ein.


Es ist bekannt, dass Sie eine große Liebe zur Literatur haben. Wenn Sie beispielsweise Edgar Allan Poe – dies ist ein Projekt, das Ihnen wohl auch sehr am Herzen liegt – lesen oder Johannes Kleist (in der Fernsehserie) spielen, liegt Ihnen dann Poe näher? Oder ist es einfach eine andere Facette des Schauspielens?

Es ist eine andere Facette. Es ist so, im Film handelt es sich meistens nicht um außergewöhnliche Menschen, ein Drehbuch ist keine Literatur. Im Film unterhalten sich normale Menschen, die über normale Dinge reden. Was sie aber dabei tun, was sie dabei denken, das können Sie im Film sehen. Das sind die Möglichkeiten des Films. Während die literarische Ebene – also Drehbücher können intelligent sein, aber nie intellektuell – sonst würde es auch keiner sehen. Es geht nicht darum, dass Menschen sich in Drehbücher intelligent unterhalten, aber es geht um intelligente Literatur. Also, wenn ich an Jonathan Franzen (Anm. „Die Korrekturen“) denke, den ich gelesen habe, das ist einfach unheimlich erlebnisstarke und intelligente Literatur, die einem was erklärt. Und Filme tun dies auf sinnliche Weise, während ein Autor das teilweise auch theoretisch tut. Nehmen wir „Der kleine Herr Friedemann“ von Thomas Mann, den ich auch bei Lesungen gelesen habe, das ist eine unglaubliche Geschichte, zutiefst ergreifend. Dieser kleine hässliche Mann, der sich in eine schöne Frau verliebt und sich hinterher aus Verzweiflung umbringt.


Zum Thema Lesung würde mich interessieren, ob Ihnen das Publikum mit seiner Präsenz eine eigene Note beim Lesen verleiht?


Ja natürlich! Bei der Lesung hat das eher theatralische Qualität. Man liest ja auf die Leute zu, man geht mit ihrer Stille mit, mit ihrem Atem, mit ihren Reaktionen, manchmal mit ihrem Lachen. Das ist eindeutig ein theatralischer Vorgang. Während das Lesen im Studio was ganz Einsames hat, aber auf eine wunderbare Weise. Man ist in einen merkwürdigen Kokon eingeschlossen, und ist mit der Sache so alleine.


Zehn Stunden im Studio?


Nein acht, mit Kaffeepausen, zehn ist etwas übertrieben. Es ist einfach so, wenn’s einen packt, dann möchte man nicht so gerne aufhören. Ich sag dann immer „Leute wenn ihr Lust habt, dann lasst uns weitermachen, ich bin gerade so gut drauf.“
Und ich denke auch, dass Rilke das Richtige ist. Die Menschen verlangen ja mittlerweile nach einer Emotionalität, und die hat Rilke ja. Es gibt von ihm erschütternd schöne Gedichte … Ich finde es toll, dass man das macht. Es ist ja das Prinzip des Hörbuchs, dass man sagt: „Schöne Stimmen, bekannte Leute und möglichst emotionale Literatur.“ Das geht zwar nicht immer auf, obwohl ich ein bekannter Mann bin, gibt’s Flops. Es gibt Hörbücher, die man liebt, die aber keinen Anklang finden, genauso wie übrigens Filme.

Sie haben Péter Esterházy „Eine Frau“ gelesen?


Ich mochte das sehr. Eine Frau oder die Frau einzukreisen von allen Seiten, ich fand das unglaublich heiter, wahnsinnig human. Ich finde, es ist ein sehr anständiger Blick auf Frauen. Es ist eine Liebeserklärung an Frauen!


Ich möchte noch einmal auf die Interpretation etwas näher eingehen. Ein Hörbuch lebt von der Kunst des Interpreten! Aber nicht jeder gute Schauspieler ist auch ein guter Hörbuch-Sprecher! Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste beim Hörbuchsprechen? Virtuosität und Ausdauer allein können es ja nicht sein? Was muss ein guter Schauspieler haben, um ein guter Hörbuchsprecher zu sein?


Das ist eben nicht so einfach zu erklären. Das ist genauso, warum man im Theater oder im Kino sitzt und immer den einen Schauspieler anschaut. So ähnlich ist es mit der Stimme möglicherweise auch. Eine Stimme transportiert ja immer mehr als nur Wohlklang oder etwas Unangenehmes. Irgendetwas ist in der Stimme, was die Menschen reinzieht. Das ist aber etwas Unerklärliches.

Ich möchte jetzt mal auf das Thema Hörbuch allgemein zu sprechen kommen. Wie erklären Sie sich den ungebrochenen Aufschwung von Hörbüchern. Erst kürzlich hat der Börsenverein des Buchhandels dies wieder bestätigt: Umsatzzuwächse von über 10 Prozent und erstmals auch eine deutlich höhere Startauflage von 5.000 im Durchschnitt. Sie sind als Hörbuchsprecher lange im Geschäft, Sie haben schon vor dem ‚Boom‘ Lesungen und Hörspiele fürs Radio gemacht. Woher glauben Sie kommt diese Begeisterung für das Medium?


Zuerst mal glaube ich, dass viele Menschen nicht lesen können. Das hat nichts mit Intelligenz zu tun. Das Problem ist vielmehr, dass ihnen beim Lesen die Bilder nicht im Kopf entstehen, vielleicht aber beim Hören. Das ist das eine. Und dann glaube ich, dass viele Menschen zu bequem sind zum Lesen. Sie schauen Fernsehen, hören im Auto, aber selber lesen, das ist so eine Sache, dann müssen sie die Brille aufsetzen … Ich glaube, das Hörbuch kommt auch der Bequemlichkeit entgegen. Aber das ist mir eigentlich wurscht, Hauptsache, die Leute befassen sich mit anständigen Inhalten und nicht nur mit diesem Dreck. Und man muss sagen, im Fernsehen kommt so viel Quatsch.


Ich könnte mir auch vorstellen, dass durch unsere hochtechnisierte Kommunikationswelt, die Lust am mündlichen Erzählen und Vorlesen erneut entstanden ist. Und dass viele Menschen heute des Sehens überdrüssig geworden sind. Hinzu kommt beim Hörbuch, dass eine gute Interpretation, auch gekürzt, das Interesse für das Buch steigert, und man dann tatsächlich das Buch liest. Anders als beim Film, nach dem greift man wohl eher selten zum Buch. Das ist wohl eine Frage der Fantasie, das Hörbuch lässt dafür Raum …


Das finde ich übrigens auch. Da haben Sie recht, und das trifft mit Sicherheit auf für andere Hörbuch-Hörer zu. Ich selber kann mir das nicht vorstellen. Ich bin ein nur lesender Mensch. Ich bin auch ein Radiohörer, gerne höre ich DeutschlandRadio Berlin. Aber ich höre keine Hörbücher.

Ja, ich weiß!

Das ist oft so, wenn man was produziert. Ich sehe auch im Fernsehen nicht so wahnsinnig viele Filme; ich kümmer‘ mich sehr um Politik. Ein Leben ohne Lesen kann ich mir nicht vorstellen. Es ist ja auch egal, ob es Hörbücher sind oder Bücher. Es kommt nur darauf an, dass man sich mit was ‚Gutem‘ beschäftigt. Und wenn man nur Spannung will, dann sind auch Grisham oder die reinen Handlungsgeschichten okay. Ich will das alles auch nicht so bewerten.


In diesen Tagen kommen die neuen Edgar Allan Poe-Hörspiele von Lübbe auf den Markt? Sie haben sich von Anfang an von dieser Produktion sehr begeistert gezeigt. Für diejenigen, die die Hörspiele nicht kennen: Es handelt sich um Adaptionen, teilweise recht weit vom Original entfernt, jedoch intensiv mit der unverkennbar Poeschen-Leidensatmosphäre ausgestattet. Sie sind der Ich-Erzähler, der zur Figur des Autors Poe selbst wird, und Sie müssen auf Ihren Reisen zu sich selbst in tiefe Abgründe steigen. Sind die neuen Folgen ähnlich gemacht wie die vom vergangenen Jahr?

Im Grunde ist es wieder das Gleiche. Die leidende und handelnde Figur ist immer Mr. Poe; die Icherzählerfigur ist immer dieser Mann, der nach seiner Identität sucht. Das ist das Bindeglied zwischen diesen Geschichten. Es sind schon die Poeschen Geschichten, die sind es sogar sehr genau. Aber der Mann, der suchend durch die Welt läuft, das ist natürlich eine Erfindung. Das ist auch eine Möglichkeit, den Menschen das nahe zu bringen. Dieses Hörspielhafte ist für viele Menschen interessant. Die Produktionen haben außerordentliche Umsatzzahlen, deshalb hat der Verlag auch weitergemacht. Es war aber nicht nur pures Geschäft, es war von Anfang an ein Lieblingskind und am Anfang auch ein Wagnis.


Lübbe hat mit den Poe-Hörspielen ja auch sein Image gewaltig bessern können. Denn diese Hörspiele, sehr kurz, atmosphärisch sehr dicht, sehr sehr filmähnlich.

Ja das sollte auch so sein …


das ist wirklich gute Arbeit …
 Ich finde es auch nicht schlimm, dass man das macht.

Entschuldigen Sie, wenn ich Sie hier unterbreche. Ich kenne das auch vom Theater, wenn man Klassiker anreicherte. Das dient nur der Zeit, dem Verständnis. Und genauso sehe ich das für die Poe-Hörspiele. Man könnte natürlich sagen, warum liest man nicht die Geschichten selbst?


Das passiert aber nicht.

Nein, das denke ich auch. Stichwort „Popularisierung von Literatur“. Ohne Zweifel würde der große Poe nicht das Publikum erreichen, das er mit diesen Hörspielen erreicht. Das ist ja auch mit dem „Rilke“-Projekt so. Ohne diese CD, auf der hochkarätige Schauspieler und Künstler Rilke rezitieren, wäre seine wunderbare Sprache, all denen, die z. B Berührungsängste haben, nicht zu vermitteln gewesen. Und das allein ist so ein Vorgehen wert.

Mal etwas ganz anderes noch. Sie als Interpret haben natürlich die Hauptrolle, aber ich denke, Sie begreifen Ihre Hörbucharbeit auch als Prozess gemeinsamer Arbeit, als künstlerischen Austausch mit anderen. Wieviel Respekt zollen Sie eigentlich dem Autor? Oder anders gefragt: Wieviel Prozent Pleitgen ist das Endprodukt?

Bei mir ist das so. Auch im Theater – ich habe ja fast 20 Jahre Theater gemacht – wie auch jetzt im Fernsehen, spiele ich immer unterschiedlichste Rollen. Genauso lasse ich mich auch auf den Text ein. Also Thomas Mann und die Autoren kriegen ihr Recht. Was ich allerdings tue: Ich spiele tatsächlich Texte. Und ich stelle mich insofern auch in hohem Maße dem Text zur Verfügung, indem ich ihn spiele und fördere. Die Gefahr dabei ist – meine Mutter mochte nie meine Art zu lesen -, das kann ich verstehen. Es gibt Menschen, die wollen Sprecher haben. D. h., wenn man sich sehr, sehr stark identifiziert, sehr stark interpretiert und stimmungsmäßig eindringt, dann zwingt man den Hörer auf seine Sicht der Dinge. Das kann ich aber nicht anders. Ich sage den Verlagen immer, ich lese das wie ein Schauspieler, und nicht wie ein Sprecher. Für mich ist das eine Art theatralischer Vorgang.

Ich möchte noch einmal etwas näher auf die jüngste Poe-Arbeit eingehen. Sie haben dieses Mal zusammen mit Iris Berben aufgenommen. War sie als Partnerin eine Bereicherung für Ihre Arbeit?

Ja, sie übernahm die unterschiedlichen Frauenrollen. Darüber hinaus muss ich gestehen, dass wir uns kein einziges Mal gesehen haben. Ihr Terminplan ist voll und meiner auch.

Iris Berben tourt zurzeit durch Deutschland, Österreich und die Schweiz mit Ihrem Projekt „Hitlers Tischgespräche“. Sie engagiert sich schon seit vielen Jahren gegen Ausländerfeindlichkeit und den Antisemitismus. Haben Sie auch das Ansinnen, etwas zum machen, was die Leute aufrüttelt? Ich frage deshalb, weil Sie am Anfang erwähnten, dass Sie sehr politisch interessiert sind. Und Sie ja auch ein Fan von Hennig Mankell mit seinem extrem gesellschaftskritischen Blick sind.

Ja bei mir ist das etwas anderes. Ich glaube, dass viele Schauspieler sich so öffentlich einsetzen, um ihre Karrieren in Gang zu halten. Das sage ich jetzt mal so frech. Ich sage sehr deutlich in Talkshows meine Meinung. Ich habe neulich bei Kerner gesagt, dass ein Staatswesen und eine Wirtschaft dafür da sind, dafür zu sorgen, dass es allen Menschen einigermaßen gut geht. Wir spenden still und sehr viel. Wissen Sie diese krampfhaften Aktionen, um im Geschäft zu bleiben, damit meine ich übrigens ganz bestimme Leute nicht, aber ich meine andere schon damit, ich weiß, dass das manche tun. Wir machen das im Stillen. In Hamburg stehe ich auf der Straße und verkaufe Gummibärchen für die Aidshilfe, ich mache was für Obdachlose, aber ich mach es leise… Ich tue das im Stillen. Ich verdächtige nicht alle, aber ich weiß, dass manche es tun, um wieder an Rollen zu kommen.

Das hätten Sie aber nicht nötig. Wollen Sie eigentlich wieder zur Bühne zurück? Sie sind 1989 vom Thalia-Theater weggegangen.

Wenn die guten Rollen wieder kommen, könnte das sein. Ich hatte immer gut zu tun, und ich war – wenn ich das bescheidenerweise sagen darf – erste Reihe. Ich hatte also keinen Grund wegzugehen. Nein, ich wollte einfach ein neues Medium kennen lernen. Ich wollte meinen Beruf noch mal sozusagen von vorne anfangen. Der Beruf ist dasselbe, aber die Technik ist anders. Das Reizvolle am Film ist, mit dem Körper, mit dem Gesicht, mit den Augen zu spielen und nicht alles ausformulieren zu müssen, wie das in Stücken ja oft der Fall ist. Man muss, wenn man im Theater vor Tausend Leuten eine Liebeserklärung macht, die Liebeserklärung in Worte fassen. Man kann im Film mit einer Bewegung spielen, mit einem Blick …Das ist aber auch das Unliterarische, ein guter Autor beschreibt das. In „Madame Bovary“ hat das Flaubert herrlich geschafft… Das wäre übrigens ein Traum von mir. Aber das ist schon so gut gelesen worden.

Sind Sie vielleicht schon wieder an neuen Hörbüchern dran?

Ja, ich lese im Januar zwei neue Hörbücher, auf die mich jetzt vorbereite. Für den Beltz Verlag „Lauf, Junge lauf“ (Anmerkung: von Uri Olev; eine Geschichte über die Flucht eines Neunjährigen aus dem Warschauer Ghetto) und für HörbuchHamburg „Die fünfte Frau“ von Henning Mankell, was ich schon als Hörspiel gemacht habe. Jetzt lese ich den ganzen Roman.

Wer so viel macht, muss seine Arbeit lieben.

Ja das ist wirklich so. Man lebt ja bei der Arbeit. Wo lebt man stärker? Und ich muss Ihnen sagen, die intelligentesten und empfindsamsten Gespräche habe ich mit Leuten aus meiner Zunft. Ich meine nicht unbedingt Schauspieler, weil Schauspieler sind zum Teil auch furchtbar bekloppt.

Also Sie meinen die Leute, die zum Team gehören …

Ja die Regieassistenten, Kameraleute, auch schon Schauspieler. Aber ich lebe auch privat sehr stark.

Ja, das wäre gerade meine Frage gewesen. Bleibt überhaupt noch Zeit für Ihre Frau, Freunde ich weiß nicht für wen, für Ulrich Pleitgen selbst?

Meine Frau fährt ja immer mit. Meine Frau ist ein Lebenselixier für mich, das klingt jetzt sehr auf mich zentriert. Aber wir leben eben sehr intensiv zusammen. Man reist zusammen.

Wollen Sie in dem Tempo weitermachen?

Ich lebe mit meinem Beruf. Er ist so interessant. Wenn ich ihn nicht ausübe, nicht, dass ich mich unbedingt langweile, aber ich bin immer froh, wenn ich das nächste Drehbuch in die Finger bekomme. Der nächst Film ist jetzt Gott sei Dank verschoben, jetzt habe ich also Hörbücher angenommen, mache Lesereisen. Ich lebe ganz einfach stark mit Literatur, mit dem Film. In meiner Freizeit fahre ich gerne aufs Land, in unser Haus in der Nähe von Hamburg. Und da acker‘ ich auf dem Hektar Land rum. Ich bin ein begeisterter Gärtner.

Zum Schluss noch eine Frage: Welches der vier Temperamente entspricht am meisten Ihrem Wesen? Phlegmatisch ist es vermutlich nicht.

Also Choleriker bin ich nicht, dafür bin ich zu geduldig. Ich habe Temperament und bin zugleich ein Melancholiker. Ich bin ständig involviert, ich bin niemand, dem es egal ist. Und ich bin furchtbar wütend über den Zustand unseres Landes, über die soziale Ungerechtigkeit. Ich bin übrigens ein ganz normaler Mensch mit allen auf und Abs. Ich habe aber einen Beruf, der wirklich ein Leidenschaftsberuf ist.

Herr Pleitgen, ich danke Ihnen für dieses interessante Gespräch.